von Ehrenfried Conta Gromberg
Vor kurzem bekam ich das Angebot, bei dem führenden Fachmann für Führungskräfteschulungen im klinischen Bereich zu hospitieren. Natürlich sagte ich zu, da wir bei Spendwerk häufig Fundraising Teams moderieren und es damit regelmäßig auch um Führungsfragen geht.

Führen, ohne es gelernt zu haben

Es wurden zwei spannende Tage, an denen wir mit Ärzten eines großen Klinikums arbeiteten. Die Fragestellungen waren Teamaufbau und Führungsimpulse. Nachdenklich stimmte mich, dass fast alle Ärzte sagten, dass sie bisher so gut wie nie zum Thema „Leitung und Führung“ geschult worden waren. Sie standen aber alle in Personalverantwortung.
Das ist ein Phänomen in Deutschland: In sozialen Organisationen wird ständig im Team gearbeitet, aber so gut wie nicht über Führung gesprochen. Und das ist nicht nur in Kliniken so. Die Folge: Viele soziale Organisationen hinken beim Thema „Leadership“ hinter der Industrie hinterher, obwohl es eigentlich ihr Thema wäre. Das hat Auswirkungen auch auf das Fundraising. In England ist das anders, dort wird auch im Fundraising stark über Leaderhip gesprochen.

Fundrasising und Leadership

Fundraising und Leadership gehören zusammen wie Lokomotive und Zug. Jeder Fundraiser entwickelt Kräfte, die andere in die Handlung führen. Jeder Fundraiser ist eine Führungskraft. Wenn wir genau hinsehen, können wir bei FundraiserInnen sechs Führungs-Ebenen unterscheiden:

Ein Fundraiser führt sich selbst

Gute Fundraiser sind selbstmotiviert (intrinsische Motivation). Sie haben selbst ein Ziel und können sich ausbalancieren und ihre eigenen Kräfte gezielt einsetzen. Gut ist es, dafür zu wissen, wie ich mich selbst weiterentwickele und steuere. Ein guter Fundraiser setzt sich selbst Ziele und arbeitet auf diese hin.

Ein Fundraiser führt sein Team

In der Regel hat ein Fundraiser ein Team oder steht in einem Team. Ein Team ist mehr als eine Gruppe von Menschen. Ein Team muss geführt werden. Hier ist natürlich zu unterscheiden: Eine 20 Mann starke Stabsstelle mit lauter Profis ist etwas anderes als ein Fundraising-Förderverein, der ehrenamtlich geleitet wird. Aber so oder so muss ein Team geleitet werden.

Ein Fundraiser führt seine Vorgesetzten

Angestellte Fundraiser führen nicht nur sich selbst oder ihr Team. Sie führen auch ihre Chefs. In vielen deutschen Organisationen sind die Geschäftsführer keine Fundraiser, sondern eher Manager. Sie haben den Bereich Fundraising zwar eingerichtet, aber oft keine Zeit oder auch nicht den Willen, sich damit auseinanderzusetzen. Aber auch wenn die Geschäftsführung mit ganzem Herzen beim Fundraising ist: Die Fundraiser der Organisation müssen lernen, wie sie die Organisation (und damit auch die Vorgesetzten) in das Fundraising führen. Keine leichte Aufgabe. Im englischen Sprachraum spricht man hier von „Lead the Leader“.

Ein Fundraiser führt andere Mitarbeiter ins Fundraising

Was für die Vorgesetzten gilt, gilt auch für die Kollegen in anderen Arbeitsbereichen. Wenn Fundraising eine Querschnitts-Aufgabe ist, die durch eine ganze Organisation hindurchreicht, dann gilt es Menschen mit einzubinden, die eigentlich für andere Aufgaben in der Organisation zuständig sind. Andere MitarbeiterInnen für das Fundraising zu gewinnen, ist besonders anspruchsvoll. Die Grundhaltung vieler: „Ich bin nicht dafür verantwortlich, ob das Projekt oder auch meine Arbeitsstelle finanziert ist oder nicht.“

Ein Fundraiser führt ein Thema

Starke Kampagnen setzen Themen und führen. Menschen geben dort, wo etwas passiert, nicht dort, wo etwas stehen geblieben ist. Von daher warten Fundraiser nicht hinter den Kulissen, sondern setzen Themen und Impulse. Sie sind damit „Opinion Leader“ und geben den Ton an.

Ein Fundraiser führt Menschen in das Engagement

Die letzte Führungsebene ist die dem Geber gegenüber. Der Fundraiser ist ein Mittler zwischen den Gebenden und der Organisation. Dabei vertritt er die Interessen des Spenders gegenüber der Organisation. Thomas Kreutzer schlug einmal vor, dass Fundraiser sich in Zukunft „Engagements-Berater“ nennen sollten. Ich würde dies gerne verlängern: Sie müssten eigentlich „Engagements-Leader“ sein. Sie führen andere Menschen in ein Engagement. Gerade wer mit Großspendern arbeitet, weiß, dass dies eine besondere Herausforderung ist. Auch hier geht es um „Lead the Leader“. Vorauszugehen und Menschen Möglichkeiten zu zeigen, ist eine Kunst, die viel Fingerspitzengefühl fordert.
Auf sechs Ebenen führt ein Fundraiser. Sechs Gründe, sich als Fundraiser mit Leadership zu beschäftigen. Von daher wird uns dieses Thema 2015 noch näher beschäftigen.