Von einem UNICEF Facebook Posting, das zeigt wie man NICHT auf eine Krise reagiert
Vorab: Wir haben hohen Respekt vor der Arbeit von UNICEF, sehen die Kommunikation um den UNICEF Erbstreit aber als Beispiel für Unklarheit, aus dem Fundraiser lernen sollten.
Der Spiegel schrieb am 02.07. einen Artikel mit schweren Vorwürfen gegenüber UNICEF. Darauf kam es zwei Tage lang zu einem Shitstorm auf dem Facebook Kanal von UNICEF Deutschland. Die Quellen, auf die wir uns beziehen, sind am Ende des Artikels aufgeführt.
Der Vorgang um das Hosemann Erbe war bis zum 09. Juli in der Schwebe und UNICEF gab noch am 09. Juli keine weiteren Details heraus. Ich habe mit dem Pressesprecher von UNICEF Deutschland, Rudi Tarneden, am Donnerstag Mittag telefoniert – danke für das professionelle und freundliche Telefonat – konnte aber in dem Gespräch keine weiteren Antworten bekommen. Dieser Artikel bezieht sich auf dem Stand, wie er abends am 09.07. im Netz steht, also kurz nach dem dritten Facebook Posting, kurz nach der Einigung zwischen der Familie Hosemann und UNICEF.
Weil es keine weiteren Details gibt und vielleicht auch nicht geben wird, beruht dieser Artikel aus meinen Beobachtungen des Shitstorms vom 2. und 3. Juli 2015 und einigen Vermutungen, die von mir stammen.
Ich werde in diesem Beitrag vor allem auf das Facebook Posting vom 02.07. eingehen.
Zwei Thesen vorab, was passiert sein könnte
Überraschungsthese
UNICEF wurde auf jeden Fall von dem Shitstorm überrascht. Im Spiegel Artikel selbst gibt es eine kurze Stellungname von UNICEF, aber erst am Ende: „Gerichtliche Auseinandersetzungen mit potenziellen Erben kämen selten vor, teilt Unicef auf Anfrage mit. Bei Unklarheiten suche man die Verständigung.“ Ansonsten sind dort ausschließlich Zitate der „Gegnerseite“. Die Frage ist zu stellen, woher der Spiegel seine Informationen hatte. Wenn sie ausschließlich von der Anwältin von Sonja Hosemann stammen, wäre es eine einseitige Berichterstattung. Was ist der Grund, dass der Spiegel jetzt über den Vorgang schreibt? Entweder stolperte der Spiegel über den Vorgang oder erhielt die Information von der Anwältin von Frau Hosemann. So oder so: Der Artikel sollte angreifen und löste den Shitstorm aus. Warum wurde dieses Lunte gelegt? Aus echter Betroffenheit oder aus Taktik? Wir verlängern einmal diese These und hoffen, dass UNICEF auch von den diesem Artikel vorlaufenden Vorgängen überrascht war. Sprich: Es kam zu einem Erbe, UNICEF wurde vom zweiten Erbschein, den Nichte und Neffe beantragten, überrascht und ab dann lief es nicht so glücklich … ein langsam laufender Vorgang wurde dann von dem Shitstorm beschleunigt.
Schwelbrandthese
Es gibt ein Argument, das gegen die Überraschungsthese spricht. Der lange Zeitraum. Hans Helmut Hosemann starb Dezember 2013. Im Artikel des Spiegels und in anderen Quellen steht, dass die Auseinandersetzung vor Gericht schon „anderthalb“ Jahre läuft und auch UNICEF spricht davon, dass eine „vorläufige Entscheidung gefallen ist“. Wenn das stimmt, hätte es genug Zeit gegeben, Dinge zu klären. Das deutet darauf hin, dass UNICEF entweder übersehen hat, Dinge mit Sonja Hosemann und ihren Kindern zu klären oder dies nicht konnte. Ob UNICEF das weiter aufklären wird, bleibt abzuwarten. Die Einigungs-Erklärung vom 09.07. tut dies nicht. Nach der Einigung werden beide Parteien eher Schweigen bewahren. Von daher bleibt offen, warum dieser Konflikt so lange in der Luft hing und warum die Flammen jetzt hochschlugen.
Dies vorab, um anzudeuten, dass nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Konzentrieren wir uns auf zwei bekannte Details, den Artikel des Spiegels und vor allem die erste Reaktion von UNICEF in Facebook.
Es passiert am 2. Juli
Der Spiegel schreibt einen Artikel mit der Headline:
Erbstreit mit unicef: „Ein Zeichen ganz besonderer Gier“
Dieser Artikel soll UNICEF treffen. Das Wort „Gier“ stammt aus einem Zitat der Anwältin Silke Wenk. Dieses Wort „Gier“ wird später im Netz zum Ankerwort und immer wieder in den Kommentaren aufgegriffen. Hier hat eine Journalistin einen Artikel mit einem „Spin“ versehen und nimmt die Schärfe auch an keiner Stelle aus dem Bericht.
In dem Spiegel-Artikel wird beschrieben, wie Hans Helmut Hosemann sein Leben lang sparte, und nach seinem Tode 1,169 Millionen Euro hinterließ. In seinem 2005 hinterlegten Testament setzte er als Erben ein:
2/3 für UNICEF
1/3 für seinen Bruder Georg (verheiratet mit Sonja Hosemann)
Eigentlich ein toller Erfolg für UNICEF. Leider läuft die Geschichte nicht geradlinig weiter. Im Testament ist nur der Bruder Erbnehmer. Sonja Hosemann wird namentlich nicht erwähnt. Der Bruder stirbt VOR Hans Helmut Hosemann. Dieser ändert sein Testament nicht. Als er stirbt und das Testament eröffnet wird, werden zwei Erbscheine beantragt.
A – von UNICEF
B – von der Familie des Bruders (die Kinder des Bruders)
Es scheint so zu sein, dass UNICEF von den Ansprüchen der Miterben überrascht worden ist oder sich mit dem Kontakt zu ihnen zu viel Zeit gelassen hat (zumindest hoffe ich das). Anscheinend gab es keine Gespräche untereinander vorweg.
Ab jetzt wird um die Deutung der Vorgänge gekämpft:
Streitpunkt war die Auslegung der Erbschaftsfolge. Nach der Aussage von UNICEF hätte Hans Helmut Hosemann streng genommen sein Testament ändern müssen, damit die Witwe seines Bruders (bzw. ihre Kinder) Anspruch auf einen Anteil hat. UNICEF sei durch den Tod von Georg Hosemann Alleinerbe geworden und es gäbe bei der Argumentation von Sonja Hosemann Unstimmigkeiten. Das sieht die Gegenseite anders: Es wäre klar, dass nicht nur der Bruder alleine, sondern auch seine Familie gemeint gewesen wären. Nach Informationen von merkur.de stellte das Amtsgericht Wolfratshausen formal fest, dass die Ersatzerbenregelung fehle, trotzdem verstand die Richterin Anne Köhn die Argumentation der Famlie Hosemann. Eine endgültige Entscheidung stand aber noch aus.
Der Spiegel und die Anwältin von Sonja Hosemann, Silke Wenk, sagen, dass UNICEF um jeden Preis das letzte Drittel des Erbes auch noch haben wollte. Also gierig ist. Im Telefonat mit Rudi Torneden hörte ich ein wenig heraus, dass es bei UNICEF eher ein Routinevorgang war, eine Klärung, was der Sachstand ist, die letzte Entscheidung aber noch nicht getroffen wurde. Das ist aber eine Interpretation von mir, da mir Fakten fehlen, um die Ereigniskette zu schließen. Gegen UNICEF spricht, dass der Prozess nach so langer Zeit immer noch am Laufen war und „rechtliche Klärung / Prüfung“ alles bedeuten kann.
Letzter Baustein ist dann die Meldung der Einigung am 09.07. um 17:00 Uhr.
Für mich als Fundraiser geht es um den Umgang mit der Angehörigen eines Spenders und mit der Öffentlichkeit, die auf einen Artikel zornig reagierte.
Shitstorm Phase 1
Ab jetzt konzentieren wir uns auf Facebook. Der vorher langsam laufende Vorgang kommt durch den Spiegel Artikel am 2. Juli plötzlich in die Öffentlichkeit.
Am 02.07. selbst postete UNICEF zunächst nichts auf Facebook. Ein erster Fehler. Denn der Spiegel Artikel war draußen. Eine Reaktion hätte sofort erfolgen müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass UNICEF vom Artikel nicht schnell erfahren hat. Es ist immerhin der Spiegel.
Aber es passiert einige Stunden nichts.
Da es auf Facebook keinen frischen Post zum Thema gab, hängt sich die erste Welle des Sturms an 2 Posts des gleichen Tages, die eigentlich nichts mit dem Gegenstand zu tun haben. Erste negative Kommentare erscheinen auf Facebook am 02.07. ab ca. 10:30 Uhr. In dieser ersten Welle sind Schläge unter die Gürtellinie. Aber auch viele ernstzunehmende Fragen. Hier nur zwei Stimmen, die das Thema anfordern:
Tobias Hellmann 02:07 10:32:
Hallo Unicef, bitte kommentieren!
Dirk Grünig 02.07. 13:39:
UNICEF, KLÄRT AUF, KORRIGIERT! Dann spende ich auch gern wieder. Nur wer tut macht auch Fehler. Steht dazu, wenn es so ist. Oder klärt uns auf. Lasst Euch aber nicht beleidigen, das hat eure inhaltliche Arbeit nicht verdient. Bis zur Aufklärung sollten wir: IMMER POSTEN BIS KLARHEIT GESCHAFFEN WIRD! Postet diesen Artikel unter jeden Beitrag von Unicef, solange hier nicht Klarheit geschaffen wird und wir Unterstützer informiert werden. Postet es permanent!
Die User fordern also Aufklärung. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vorgang aber noch nicht wirklich groß. Die Anzahl der Kommentare hält sich in Grenzen. Ein, zwei User posten den Link zum Spiegel-Artikel mehrmals unter andere Posts.
Shitstorm Phase 2
10 Stunden später kommt eine Antwort von UNICEF. Es ist der Post, den wir uns genauer ansehen. Er wurde von UNICEF Deutschland auf Facebook um 23:20 Uhr veröffentlicht. Die erste ausführliche Stellungnahme von UNICEF erfolgte am Tag darauf, dem 03. Juli auf der Website.
Sehen wir uns das Posting von UNICEF auf Facebook genauer an.
Originaltext von UNICEF mit Kommentaren von Ehrenfried Conta Gromberg.
Gerne äußern wir uns zur aktuellen Diskussion,
Falscher Einstieg. UNICEF tut das nicht gerne.
Falsch: Es ist keine Diskussion. Es sind Vorwürfe.
hier erste Informationen für Euch:
Falsche Vertraulichkeit. Es sind nicht alles Freunde, die kommentieren. Und wer schreibt da eigentlich für UNICEF? Die User haben ihr Foto und ihren Namen gezeigt. Und wer antwortet: Niemand. Die Erklärung ist namenslos. Viele kritsche Stimmen ärgern sich später über „PR-Blabla“.
Wir sind sehr dankbar für das Vermächtnis, mit dessen Erträgen langfristig Hilfsprogramme für Kinder finanziert werden können, die dringend auf Unterstützung angewiesen sind.
Das wird von den Usern im Netz anders gesehen: Dankbar ist, wenn man sich über seinen Teil freut und nicht noch mehr haben will. Und ist eine Vorwegnahme in einem schwebenden Verfahren. UNICEF hat das Erbe noch nicht. UNICEF streitet sich um das Erbe. Unglücklich: Der Verweis auf Kinder, die „dringend auf Unterstützung angewiesen sind“. Das stärkt das Bild des „bösen Fundraisers“, der immer die bedürftigen Kinderbilder vorschiebt, um vom eigenen Handeln abzulenken.
Der Wille des Erblassers ist für uns oberstes Gebot.
Das ist die Frage. Der Erblasser hatte nach dem, was bekannt ist, seinen Willen klar ausgedrückt. 2/3 an eine gemeinnützige Organisation. 1/3 an seinen Bruder (= seine Familie.) Das ist einfach zu lesen. Wenn der Witwe eines Anspruchberechtigten der Anspruch streitig gemacht wird, müssten dafür sehr triftige Gründe vorliegen.
Wenn es Unklarheiten gibt, suchen wir die Verständigung. Voraussetzung dafür ist aber die klare rechtliche Prüfung. Hierzu sind wir verpflichtet.
Das ist unverständlich. Soll das bedeuten: Uns fehlen Informationen? Es gibt einen Anspruch der anderen Seite, der geprüft werden muss? Das Ziel der Prüfung ist nicht klar. Denn kein Fundraiser der Welt ist verpflichtet einen Erbteil einzuholen, der moralisch nicht zu einem gehört.
In dem dargestellten Fall hat der Erblasser neben UNICEF seinen Bruder bedacht, der früh verstorben ist. Darüber hinaus enthält das Testament keine Ersatzerbenstellung. Das Nachlassgericht hat dies in einer vorläufigen Entscheidung anders bewertet.
Damit führt UNICEF das vorherige Argument ad absurdum. Es gibt eine vorläufige Entscheidung. Das Gericht sieht es anders als UNICEF. „Ersatzerbenstellung“ ist Juristen-Deutsch. Keine Augenhöhe für die User auf Facebook.
Bei der Prüfung der Begründung fielen allerdings Widersprüche auf. Um diese zu klären, war es notwendig, das Gericht anzurufen.
Die Unverständlichkeit bleibt. Was ist da eigentlich passiert? Welche Widersprüche? Entweder liegt ein großer Störfall vor: Sonja Hosemann ist in Wirklichkeit nicht Sonja Hosemann oder es ist eine kleinere Ungereimtheit, die aber den moralischen Anspruch nicht negiert.
Es handelt sich um einen normalen rechtlichen Vorgang, um Erbansprüche zu klären, nicht um Gier.
Hat UNICEF schon einmal das Wort Emotion und Storytelling gehört? UNICEF steht mit der Angehörigen eines Großspenders in der Auseinandersetzung und bezeichnet das als „normalen rechtlichen Vorgang“. Das beruhigt nicht. Ist UNICEF mit jedem Testamentsspender in so einem „normalen Vorgang“? Ebenfalls handwerklich schlecht: „Es handelt sich nicht um Gier.“ Anfangs-Lektion jedes Storytellers: Ein Argument wird nicht durch Negation, sondern nur durch eine bessere Wahrheit gebrochen.
Selbstverständlich werden wir weiter informieren.
„Selbstverständlich“ ist schlecht formuliert bei einer ersten Information, die nur auf Druck zu Stande kam.
Dieser Post ist das eigentlich Öl ins Feuer. Diese Erklärung reicht nicht aus und jetzt gehen am 03.07. die Wogen im Netz auf Sturm. Es ist kein ganz großer Shitstorm. Aber ein deutlicher. Bedenklich: Eine Reihe von bisherigen Spender kündigen ihr Engagement. Es sind also bei weitem nicht nur Trolle, die hier schreiben. Und die Aussagen sind sehr direkt. Nur ein Beispiel:
3. Juli um 13:08 schreibt Michael Surma auf Facebook:
Notiz an mich selbst: UNICEF niemals als Erbe eintragen. Schämt euch UNICEF! Bei der nächsten Spende werdet IHR bestimmt nicht mehr in die engere auswahl kommen.
Am 03.07. legt UNICEF eine Stellungnahme nach, die den Vorgang schildert, aber nicht die Spitze aus dem Vorgang nimmt.
„Der Wille des Erblassers ist für uns oberstes Gebot. Wir respektieren selbstverständlich, wenn das Nachlassgericht seine Entscheidung zugunsten der Familie treffen sollte und werden dagegen auch nicht vorgehen.“
Was heißt das? Würde das Gericht auf Grund eines Formfehlers zu Ungunsten der Witwe entscheiden, würde UNICEF das ganze Geld nehmen? Und was ist das für eine Aussage, dass UNICEF gegen einen Gerichtsbeschluss nicht vorgehen wird? Denn das ist ja dann der Gerichtsbeschluss. Man verzichtet auf weitere Instanzen?
Es wird immer noch nicht klar, was das Ziel von UNICEF ist.
Wollte UNICEF das ganze Geld oder nicht?
Ab dem 04.07. ist es bei UNICEF wieder ruhiger auf Facebook.
Am 09.07. erfolgt ein Post auf Facebook über die Einigung:
Wie versprochen hier neue Infos zur Erbschaft Hosemann:
Wir sind auf die Familie zugegangen und haben in einem persönlichen Gespräch eine gemeinsame Lösung gefunden. Wir freuen uns über diese Verständigung.
Hier die gemeinsame Erklärung:
„Wir haben in einem persönlichen Gespräch eine einvernehmliche Lösung der Ansprüche am Nachlass von Hans Helmut Hosemann gefunden. Damit hoffen wir, dem Willen des Verstorbenen Rechnung zu tragen. Wir erkennen an, dass beide Seiten eine umfassende Prüfung der Ansprüche vornehmen mussten.“
Wir bedauern, dass bei Euch der Eindruck entstanden ist, wir würden gefühllos handeln. Die Mittel aus Erbschaften dienen dazu, Kindern in Not zu helfen – beispielsweise in den Flüchtlingslagern im Nahen Osten oder im Kampf gegen Ebola in Westafrika.
Im gleichen Wortlaut wird die Stellungnahme auf der Website veröffentlicht.
Unsere Beobachtungen
Das Dinge sich im Netz schnell entwickeln, wissen wir im Sozialmarketing inzwischen. Wenige Stunden reichen, um eine Lawine loszutreten. 10 Stunden für einen ersten Post ist bei einer Organisation von der Größe wie UNICEF und der Schwere des Vorwurfs vom Spiegel nicht ausreichend.
Neben dem Zeitaspekt fällt auf, dass UNICEF es nicht schafft, den Vorgang zu erklären.
• Der erste Post ist schlichtweg schlecht formuliert und gießt Öl in das Feuer.
• Der zweite Post war besser formuliert, wiederholte aber die Position.
• Der dritte Post war dann die Einigung mit Sonja Hosemann. Sie kommt sehr plötzlich, klärt aber nicht, was passiert ist. Die „Schweigeklausel“, dass beide Parteien einig seien, überzeugt nicht wirklich. Es bleibt das Gefühl zurück, dass UNICEF ohne den Druck der Öffentlichkeit auf dem eigenen Standpunkt beharrt hätte.
Unsere Gedanken dazu
Das Ziel eines Fundraisers ist es, Spendern ein gutes Gefühl zu geben: Sie sind sicher. Sie vertrauen uns Geld an, mit dem vertrauensvoll umgegangen wird. Der sensibelste Fall ist es, wenn ein Spender in Vorleistung geht und sein Vertrauen in einem Vertrag einseitig niederlegt. Das passiert in einem Testament.
Wenn ein Spender einseitig Vertrauen ausspricht, müssen Fundraiser dem im Erbfall gerecht werden. Wenn ein Testament als Hebel genutzt wird, um einen Menschen vom Erbe auszuschließen, der unter allen normalen Gesichtspunkten anrecht darauf haben sollte (selbst wenn es einen juristischen Fehler gab), wäre das ein Super-Gau im Großspenderfundraising. Und eine Erbschaft von fast 800.000 Euro gehört für uns in die Kategorie „Großspende“.
Natürlich gibt es Ausnahmen:
Was wäre, wenn
• Sonja Hosemann zur Zeit des Todes des Bruders gar nicht mehr mit ihm verheiratet gewesen wäre?
• Wenn der Bruder seinen Willen geäußert hätte, dass seine Frau und seine Kinder auf keinen Fall etwas vom Erbe bekommen sollen
• sich eine falsche Sonja Hosemann meldet
• oder der Erbschein von einem weit entfernten Verwandten eingereicht wird, der eigentlich nichts mit dem Erbe zu tun hat
All das wären Fälle, in denen das Vorgehen von UNICEF nachvollziehbar wäre. Dann sollte eine Organisation tatsächlich gemeinnütziges Geld verteidigen und die Situation klären. Das Problem ist, dass nicht offen gelegt wird, was das Problem war. Wenn UNICEF gesagt hätte: „Wir haben verpennt, schnell genug die Verständigung mit der Parallelerbin zu suchen und deren Anwältin ist dann rechtlich auf die Barikaden gegangen“, hätte das jeder verstanden und viele auch vergeben.
So bleibt Unklarheit zurück. Der Vorgang ist zwar beendet, aber es war keine gute Stunde für das Erbschafts-Fundraising in Deutschland. Mit jedem Fall, der so durch die Presse geht, wird es weniger Testamente für soziale Organisationen geben. Ein Gerichtsvorgang schürt Ängste: Mache ich nur einen Formfehler, greift die soziale Organisation ins ganze Vermögen und enterbt alle anderen. Das ist eine Urangst. Das ist DER Hinderungsgrund schlechthin, eine Testamentsspende zu tätigen. Dabei können alle diese Dinge gut geregelt werden.
Fazit
Wir hoffen, dass UNICEF diesen Fall zum Anlass nimmt und das eigene Vorgehen im Umgang mit Angehörigen von Spendern und in der Kommunikation auf Facebook noch einmal überdenkt. Der Umgang mit Angehörigen ist nicht immer leicht. Aber notwendig. Damit mehr Menschen gerne ihren Spendenwunsch ihrem Testament und damit einer Organisation anvertrauen. Der eigentliche Held dieser Geschichte ist Hans Helmut Hosemann und er hätte sich wirklich im Grab herumgedreht, hätte er gewusst, was seine Spende ausgelöst hat.
Auf diese Quellen bezieht sich der Artikel über den UNICEF Erbstreit
Der ursprüngliche Artikel des Spiegels vom 02.07. auf spiegel.de mit dem Titel:
Erbstreit mit unicef: „Ein Zeichen ganz besonderer Gier“
UNICEF Deutschland Facebook-Posts
Der Post am 02.07. mit der ersten Stellungnahme
Der Post am 03.07. mit der zweiten Erläuterung
Der Post am 09.07. mit der Einigung
Die Schilderung des aktuellen Erbschaftsfalls auf Spiegel Online hat für viel Unmut und Fragen gesorgt. Wir verstehen…
Gepostet von UNICEF Deutschland am Freitag, 3. Juli 2015
Kuratierte Reaktion des Sterns auf den Shitstorm am 03.07.: „Shitstorm trifft „gierige“ Unicef“
Artikel auf Merkur.de vom 06.07.: „Unicef streitet um Tölzer Erbe“
Stellungnahme von UNICEF vom 03.07.
http://www.unicef.de/presse/2015/artikel-erbstreit-mit-unicef-auf-spiegel-online/80648