Oliver Viest von em-Faktor wagt sich vor und fordert in seinem Blog, den Begriff Non Profit Organisation ganz aufzugeben
Wir zitieren aus seinem Social Profit Manifest:
Sie sind die größten Arbeitgeber des Landes und gestalten die Gesellschaft mit, in der wir leben. Durch Ihre Arbeit generieren Sie einen unermesslichen sozialen Wert. Ihr Ziel ist nicht der monetäre Gewinn, sondern der Gewinn für die Menschen in unserer Gesellschaft.
Ihr Ziel ist es, dass alle von Ihrer Arbeit profitieren und dass unsere Welt dadurch eine menschlichere Welt wird. Sie sind keine Lückenfüller unserer Gesellschaft die entschuldigend vor sich her tragen müssen, dass Geldvermehrung nicht zur DNA ihrer Organisation gehört. Lassen Sie sich daher nicht länger als „Non-Profit-Organisationen“ bezeichnen. Sie sind vielmehr Social-Profit-Organisationen!
Seine Argumente
– der in den 70er Jahren geprägte Begriff „Non-Profit-Organisation“ greift inzwischen zu kurz
– er kaschiert die wahre Bedeutung der Organisationen
– er möchte nicht, dass Organisationen durch etwas definiert werden, was sie NICHT tun
– sondern durch das, was die Organisation zur Gesellschaft wirklich beiträgt: Social Profit
– durch das Vorstellen des Wortes „social“ möchte er aus der NPO eine SPO machen
– er fordert auf, umzusteigen und nur noch „Social Profit Organisation“ zu nutzen
Aufruf zur Diskussion
Auch wenn Oliver Viest nicht der Erste ist, der diesen Gedanken äußert, und dieser Aufruf für ein Manifest etwas knapp wirkt – der Aufruf ist so beherzt, dass wir an dieser Stelle mitdiskutieren wollen. Spendwerk wird nicht sofort umstellen 🙂 wir bedanken uns aber für den Vorstoß und nehmen ab sofort das Wort „Social Profit Organisation“ mit in unseren Sprachschatz auf.
Unsere Gründe für den Begriff „Social Profit Organisation“
– alle Organisationen die wir beraten, müssen und wollen wirtschaftlich arbeiten
– sie können nicht ohne Profit leben
– „Non Profit“ wertet die Bedeutung von Geld und Finanzen ab
– ein Plus in der Kasse zu haben, ist moralisch hochwertig (das andere nennt man Schulden)
– der Begriff „Social Profit Organisation“ kann in bestimmten Situationen helfen
– es entstehen Organisationen, die bewusst nicht „Non-Profit“ arbeiten wollen
– Förderer, die investieren, mögen diesen Begriff evtl. mehr schätzen (noch nicht untersucht)
– ist ein guter „Störer“, um zu zeigen, was für eine Bedeutung soziale Organisationen haben
– das Streben nach Wirkung darf selbstbewusst getragen werden
– dazu ist der Begriff doppeldeutig: Er kann die Wirkung der Organisation als auch ihr Geschäftsmodell bezeichnen
Warum wir den Begriff „Non Profit Organisation“ nicht ablegen
– Non Profit Organisation hat sich als „magisches Wort“ bewährt
– die Bezeichnung bringt den Unterschied zu „normalen“ Firmen auf den Punkt
– Menschen spenden nicht für „Social Profit Konzerne“, sondern für gute „Non Profit Projekte“
– klassischen Spendenprojekten hilft die Einordnung als SPO nicht unbedingt weiter
– es gibt nach wie vor viele Organisationen, die nicht Social Profit denken und leben
– der Begriff ist nicht klar: Spricht man bei einer SPO vom Social Impact oder vom monetären Aspekt oder von beidem?
Das spricht in unseren Augen dafür, den alten Begriff nicht einfach Ad Acta zu legen, sondern die Vielfalt der Organisationsformen in der Vielfalt der Bezeichnungen zu spiegeln. Aber es heißt auch: Sich einfach immer „Non Profit Organistion“ zu nennen, ist nicht die Lösung. Dies greift zu kurz.
Was ist Ihre Meinung?
– Wie gehen Sie mit dem Aufruf von Oliver Viest um?
– Stellen Sie um?
– Halten Sie das Manifest für einen „Marketing-Gag“?
– Oder ist mehr an der Sache dran?
Ich begrüsse eine Unterteilung in Non-Profit-Orga. (will keinen Profit erwirtschaften u wird nur mittels Spenden etc unterstützt!) und Social Business nach Prof. M. Yunus (gesellschaftl. Probleme mit unternehmerischen Mitteln lösen u einen Profit sofort wieder reinvestieren).
Wenn diese Abgrenzungen endlich akzeptiert u ehrlich gelebt werden, dann haben wir eine saubere Trennung. Alle anderen Begriffe verwirren nur: SPO, Social Impact Business uvm). Weniger ist mehr! Kiss: keep it simple and stupid!
Das verstehe ich als Votum für:
NPO = Non Profit Organisation = Ideelle Mittel + gemeinnützig
SPO = Social Profit Organisation = Eigenwirtschaftliche Mittel + nicht gemeinnützig. Aber Social Business im Sinne von M. Yunus.
Was machen wir mit den Organisationen, die 5 % ideelle Mittel und 95 % Leistungsentgelte haben (sei es Zweckbetrieb oder Wirtschaftsbetrieb)?
Die Gedanken von Herrn Oliver Viest treffen bei mir auf große Sympathie. Vorerst könnte ich mir durchaus gut vorstellen beide Begriffe zu verwenden.
Ich kann mir gut einen Umnennung vorstellen. Sie muss nicht Social Profit Organisationen heißen. Denn NonProfit suggeriert, dass die Organisationen keinen Gewinn machen. Sie wollen oder sollen ja doch, um ihre Arbeit umsetzen zu können.
Grundsätzlich stimme ich Kommentar 1. zu. Non-Profit trifft es m.E. ziemlich gut, denn alleinstellend ist bei diesen Organisationen, dass sie nicht zum Ziel haben, für ihre Besitzer/Gesellschafter Profit zu erwirtschaften. Das verlangt auch das Gemmeinützigkeitsrecht.
Ob ihre Zielsetzung wirklich „Social Profit“ bedeutet, scheint mir von Fall zu Fall Auslegungssache.
Beim Social Business Begriff habe ich dagegen den Eindruck, dass es noch einigen Klärungsbedarf gibt, z.B.:
– Ist ein Unternehmen noch ein Social Business, wenn es für seine Gesellschafter Profit erwirtschaftet?
– Geht es nur darum, mit unternehmerischen Mitteln soziale Probleme anzugehen, oder auch darum, Wirtschaft gezielt auf sozialverträgliche Weise zu betreiben?
– Ist ein Social Business noch social, wenn sein Geschäftsmodell auf der Ausbeutung seiner Mitarbeiter (und ihrer Engagementbereitschaft) basiert?
Kurz zu Ihren Fragen, Herr Weth:
1) Ist ein Unternehmen noch ein Social Business, wenn es für seine Gesellschafter Profit erwirtschaftet?
Antwort: NEIN
2) Geht es nur darum, mit unternehmerischen Mitteln soziale Probleme anzugehen, oder auch darum, Wirtschaft gezielt auf sozialverträgliche Weise zu betreiben?
Antwort: JA, nur darum. Die Wirtschaft wird ihre eigenen Wege finden auf sozialverträglichere Weise zukünftig zu agieren. Dafür braucht sie Social Business nicht.
3) Ist ein Social Business noch social, wenn sein Geschäftsmodell auf der Ausbeutung seiner Mitarbeiter (und ihrer Engagementbereitschaft) basiert?
Antwort: Natürlich nein! Wenn aber den Mitarbeitern das Social Business selbst gehört, werden sie als Kollektiv selbst darauf achten, dass es social bleibt!
Die Frage: Ist ein Social Business noch ein Social Business, wenn es für seine Gesellschafter Profit erwirtschaftet? würde ich zunächst einmal streng nach der Definition von M. Yunus beantworten: Nein.
Denn sonst wäre es ein normales Business. Ein Social Business macht Plus (= Profit), aber nicht, um es an die Gesellschafter auszuschütten.
Zumindestens dann nicht, wenn dies Privatpersonen oder normale Firmen sind. Wäre der Gesellschafter selbst eine gemeinnützige Organisation, wäre das schon wieder etwas anderes.
Und damit kommen wir zurück zur Frage, ob Social Profit Organisation ein guter Name ist. Wem bringt die SPO Profit?
A – der Gesellschaft (also soziale Wirkung) oder
B – der Organisation (erwirtschaftet gute Einnahmen)
Für mich kommt es immer wieder auf die Frage zurück: Was löst der Name im Kopf des Gegenübers aus? Was passiert, wenn ein Diakoniewerk sich als „Social Profit Organisation“ vorstellt?
Non-Profit-Organisation aufzulösen ist keine gute Idee, da sich da eine deutliche Unterscheidung zum bestehenden Wirtschaftsmodell mit all seinen anstrengenden Folgen zeigt. SPO klingt da sehr nach: „Wir machen mit, aber anders“ – das ist mir zu wenig alternativ. Mag ja sein, das man mit dem Bestehen auf Non-Profit nicht reich wird, aber vielleicht ist auch das nicht das Ziel meines ehrenamtlichen Engagements.
Contra Umbenennung:
„Non-Profit-Organisation“ ist als internationaler Begriff akzeptiert. Und in einer Welt, in der die Schäden von „Profit-Organisationen“ immer sichtbarer werden, finde ich es gut ein Gegengewicht zu setzen.
Was ist mit Umwelt- oder Tierschutzorganisationen, die nicht direkt dem „Sozialen“ dienen. Wenn unter „SPO“ alle NPO’s subsumiert werden sollen, finde ich den Begriff etwas irreführend. Denn unter sozialen werden m.E. in erster Linie direkt dem Menschen dienende Organisationen verstanden.
Pro Umbennenung:
Trotz allem kann ich die Abneigung verstehen, Organisationen über das, was sie nicht tun, zu definieren.
Votum:
Wenn überhaupt Umbenennung, dann in „Gemeinnützige Organisationen“. Das trifft den Kern aller NPO und SPO. Dass wahrscheinlich nicht alle NPO’s im steuerlichen Sinn gemeinnützig anerkannt sind, finde ich unproblematisch.
Ein Votum dagegen alle NPOs in SPO umzubenennen.
Danke dafür.
Jede NPO / SPO einfach „gemeinnützige Organisation“ zu benennen ist charmant. Das würde das Problem mit dem „Profit“ umgehen.
Ich vermute nur, dass alle Finanzbeamten damit Kopfschmerzen bekommen. Man müsste dann trennen in „gemeinnützig im Sinne des Finanzamtes“ und „gemeinnützig im Sinne der Allgemeinheit“.
Wow, ich bin überwältigt. In den letzten Tagen gab es viele Beiträge, Interview-Anfragen, Blog-Diskussionen. Das zeigt, dass die Zeit reif ist für die Diskussion über einen neuen Begriff, vor allem aber reif für ein neues Denken und Wirtschaften.
Vielen Dank Ehrenfried, dass Du die Diskussion mit entfacht hast. Ich werde sie hier weiterhin sehr aufmerksam verfolgen und, wenn zeitlich möglich, auch direkt kommentieren.
Damit ich euren Blog nicht mit 5m Text flute habe ich mich dafür entschieden mein Antwortenpaket „drüben“ zu posten: http://www.spo-manifest.de/
Ich greife darin folgende Fragen auf, die auch aus diesem Blog hier hervor gehen:
1. Wann soll man eine Organisation „Social-Profit-Organisation“ nennen können?
2. Heißt das, eine Social-Profit-Organisation darf Gewinne machen?
3. Macht das Zulassen eines Gewinns („Profit“) nicht die Glaubwürdigkeit und Identität von Spenden sammelnden Organisationen zunichte?
4. Der fehlende Gewinn (Non-Profit) ist doch das Hauptkriterium zur Differenzierung einer ganzen Branche!
5. Warum nicht bei den formellen Kriterien der „Gemeinnützigkeit“ bleiben?
6. Wenn nicht mehr der fehlende monetäre Gewinn einen Sonderstatus beim Staat auslösen soll, was dann?
7. Monetärer Gewinn lässt sich messen, „sozialer Profit“ nicht – wie definieren wir die Standards für den neuen Begriff?
Ich hoffe weiter entfacht zu haben.
Grüße
Oliver Viest
Hallo Oliver,
Du kannst diesen Blog gerne mit Text fluten. Danke für die vertiefte Fragestellung.
Halte uns auf dem Laufenden.
Ehrenfried
Hallo Oliver,
1. Die Abschaffung der Begriffe NGO/NPO/CSO ist überfällig.
2. In den USA, Schweden, Dänemark z.B. werden diese Begriffe durch „Community Benefit Organizations“ / CBO ersetzt. In Schweden ist der Begriff „NPO“ bereits abgeschafft.
3. In allen Ländern gibt es andere rechtliche und steuerechtliche Rahmenbedingungen. Eine besonders krasse Außenseiterrolle nimmt Deutschland ein. Vor der Abschaffung des Begriffs „NPO“ müßte in Deutschland das Vereinsrecht und das Steuerrecht komplett neu gestaltet werden. Es ist für den Bereich Zivilgesellschaft (Dritter Sektor) absolut überholt für neue Entwicklungen (Social Business, neue soziale Geschäftsmodelle) die größte Bremse. Das gibt es nur in Deutschland. Die USA sind uns hier mind. 25 Jahre voraus (z.B. L3C etc. / Hybride Organisationsformen). Während in Deutschland noch (erst jetzt und nur) im Expertenbereich der Dritte Sektor akademisch behandelt wird, wird in den USA der Fourth Sector (Vierter Sektor = Hybride Org.-Formen aus Zweitem und Drittem Sektor)nicht nur diskutiert (Harvard), sondern schon praktiziert. Der Gesetzgeber und die Industrie (Hier INSM) wollen das aber nicht wegen möglicher „Konkurrenz“. Selbst der z.Zt. geduldete „Wirtschafts-Verein“ ist nicht gelöst. Die Zukunft ist absolut „Social Business“, ausgehend von der Unternehmensseite oder von der „NPO“-Seite, interne, externe oder Misch-Lösungen. Nachdem der Staat (Erster Sektor) sich so dramatisch zurückzieht, wir keine echte nachhaltige Philanthropie (mehr) kennen (Abbruch mit dem I. Weltkrieg / Weimar), muß die Zivilgesellschaft m a r k t b a s i e r t auf die eigenen Beine gestellt werden (Eigenmittel / Selbstfinanzierung marked based). https://www.facebook.com/profile.php?id=100000358287439#!/vierter.sektor