von Ehrenfried Conta Gromberg

Sie kommen alle drei aus einer Familie und haben doch so unterschiedliche Temperamente. Neben dem Fundraising wird Social Entrepreneurship und Corporate Social Responsibility in Deutschland immer stärker. Wie fühlt sich das älteste Kind, wenn auf einmal die anderen beiden heranwachsen?

Der junge stürmische Bruder

Im Juni pitchen Social Entrepreneure in Hamburg und Berlin im social impact lab. Als Gewinn winkt nicht nur Geld und ein social impact enterprise Stipendium, sondern auch kostenfreier Co-Working Space. Das Ganze mitfinanziert von SAP (wir erinnern uns: SAP nahm 2009 das Thema Nachhaltigkeit in die internationale strategische Planung auf und schuf u.a. auf höchster Ebene die Stelle des Chief Sustainability Officers).
Ganz normal, ganz klar, so waren wir im Sozialmarketing schon immer unterwegs …
Mitnichten. Nicht nur die Sprache ändert sich. An vielen Stellen können wir in Deutschland beobachten wie aus einer anfangs theoretischen Diskussion immer schneller ein Fluss von neuen sozialen Organisationen wird. Es entwickeln sich neben der klassisch sauber abgesteckten Fundraising-Szene ganz eigene neue Zöglinge. Im letzten Newsletter stellten wir mit der „Klares Licht Kampagne“ einen davon vor.
Soziale Unternehmen, Social Entrepreneurship und Social Start Ups sind keine Eintagsfliegen. Sie werkeln fleißig an ihren Geschäftsmodellen und grenzen diese gegenüber klassischen gemeinnützigen Aufstellungen ab. Das klingt nach Geschwister-Rivalität.

Die ruhige, gesetztere Schwester mit den hohen Zielen

Vor dem jüngsten Bruder hat sich schon seit einiger Zeit an zweiter Stelle ein selbstbewusstes und eigenwilliges Kind in der Familie behauptet. Corporate Social Responsibility entfaltet sich. Noch lange nicht in allen Firmen. Der oekom Corporate Responsibility Review 2012 (veröffentlicht im März 2012) gab von 3.100 bewerteten Unternehmen nur 17,1 % der Unternehmen den Prime Status (darunter übrigens auch die Bank für Sozialwirtschaft), und bescheinigte mehr als der Hälfte der untersuchten Unternehmen kaum oder gar keine Aktivität.
Die Firmen, die aber unterwegs sind, entfalten eine hohe Aktivität, die sich in der wachsenden Anzahl von neuen CSR-Ausbildungsgängen und Beratungsfirmen niederschlägt. Und auch hier wachsen viele dieser Impulse seitlich des bekannten Planquadrates „Fundraising“. CSR war auf dem diesjährigen Fundraising Kongress in Berlin zwar in einem Seminar mit dem bezeichnenden Titel „Kollege CSR“ und einer Table Session vertreten, wer aber einen Blick auf die Aussteller und Teilnehmer des Kongresses schaute, sah schnell: Dieses Thema ist im Fundraising nicht präsent.

Eine Familie – drei Geschwister

Die drei Geschwister wachsen momentan also getrennt auf. Was verbindet diese Kinder, was unterscheidet sie? Das Verbindende springt sofort ins Auge. Alle drei führen im Kern das Attribut „social“. Es geht um eine soziale Wirkung. Wer die größte Wirkung hat, bildet sich in der Diskussion über „social impact“, Mittelverwendung und Transparenz im Sozialmarketing ab. Freundschaft oder Rivalität ist zwischen den drei Geschwistern noch nicht eindeutig ausgemacht und verteilt. Aber es wird spannend. Plötzlich steht neben dem Fundraising der jüngste Bruder und sagt: „Ich brauche kein gespendetes Geld, ich verdiene mir selbst etwas.“ Und auf der anderen Seite äußert sich die selbstbewusste Schwester CSR: „Ich bin bei den Firmen aufgehängt und erhalte meine Finanzen aus dem normalen Wirtschaftskreislauf.“

Was für Auswirkungen hat dies auf das Fundraising?

– Fundrasing ist nicht mehr allein, Fundraiser müssen über den Zaun blicken
– Sozialmarketing wird breiter und stärker
– Es geht nicht mehr alleine um die Frage „Finanzen“, sondern auch um „was wirkt wie?“
– Kombinationen werden möglich und erweitern den Finanzierungsmix
– Es wandern Mittel in neue Ansätze und verknappen damit klassisches Fundraising
– Unternehmen investieren ihre Mittel gezielter in ihre eigenen CSR-Strategien
– Eine Reihe von Mitteln wandern in den Aufbau von Sozialen Unternehmen ab
– In Zukunft wird die „Geschäftsmodell-Klarheit“ noch wichtiger

Fazit

Soziale Projekte werden in Zukunft noch unterschiedlicher aufgestellt, als ohnehin schon gegeben. Unter dem Strich ergibt sich aus dem Zuwachs eine temperamentvolle Familie mit einer höheren Lebendigkeit. Die älteste Schwester, das Fundraising, wird nach wie vor in vielen Fällen die meiste Verantwortung übernehmen. Aber ausgemacht ist dies nicht mehr. Denn die anderen beiden können es auch.

Quellen

http://www.iq-consult.com/de/projekte/social-impact-lab/veranstaltungen
oekom Corporate Responsibility Review 2012, oekom research AG, München, März 2012
http://www.oekom-research.com/index.php?content=pressemitteilung_15032012