Über eine Storytelling-Gattung
die viele NPOs übersehen
Sieht man sich die Flyer und Websites von NPOs an, so fällt auf, dass Öffentlichkeitsarbeit an vielen Stellen immer noch „Text + Foto“ ist. Einer der wichtigsten Story-Trends, die Storygrafik, ist bei vielen NPOs in der Kommunikation noch nicht angekommen. Dabei sind Infografiken eine Bereicherung in der Werkzeugkiste eines jeden Fundraisers.
Was tun, wenn Dinge nicht einfach zu erzählen sind?
Sie haben nur noch einen halben Tag Zeit, dann soll auf Facebook das neue Projekt gepostet werden. Sie unterhalten Projekte in den ärmsten Ländern der Welt mit einem ganz eigenen Lösungsansatz. Mehrere Bestandteile greifen in den Projekten sinnvoll ineinander. Jahrzehntelange Praxis spiegelt sich in dem Aufbau wieder. Eine ausgeklügelte, vielschichtige Lösung.
- Wie immer gibt es keine Fotos.
- Sie sollen eine attraktive Ansprache schaffen.
Das ist die Stunde der Storygrafik.
Die Infografik ist eine Variante des Storytelling
Wenn wir eine Master Class oder einen Inhouse Workshop über Storytelling halten, erwarten Organisationen häufig nur die Kunst des „linearen Erzählens“. Als Fundraiser haben wir aber häufig gar nicht die Zeit, linear in Ruhe eine Geschichte zu erzählen. Solche Erzählsituationen gibt es leider immer seltener. Deswegen gewinnt die Storygrafik gerade im Internet (aber nicht nur dort) immer mehr Bedeutung.
Fotos haben Grenzen
Ein einziges Foto kann komplexe Dinge nicht darstellen. Fröhliche Menschen, die irgendwo fröhlich herumstehen, bringen die eigentliche Arbeitsweise nicht rüber. Gerade bei Kinderprojekten haben wir dann „lachende Kinder lächeln in die Kamera“. Und wie zeigen Sie mit einem Foto die 6 wichtigsten Fluchtrouten im Mittelmeer-Raum? In den Fernsehnachrichten geht es nicht mehr ohne Infografiken. Nicht nur die Wetterkarte bündelt kompakt viele Infos auf kleinem Platz.
Film ist teuer
Eine Alternative zum Foto ist der Film. Ein gutes Stoytelling-Format und online immer gerne gesehen. Aber können Sie einen Film auch in einer Printpublikation einsetzen? Und was tun Sie, wenn Sie schnell handeln müssen? Auch kosten Filme einiges an Geld, zumindest wenn Sie klassisch vorgehen.
Text wird schwierig
Die komplexe Projektstrutkur in einem Langtext gut zu erzählen, ist eine Möglichkeit, setzt aber voraus, dass die Zuhörer Geduld haben und lesen. Sogar alte Traditionsblätter wie die Times drucken deshalb heute großformatige Infografiken. Weil sonst Aspekte der Nachricht (und ungeduldige Leser) verloren gehen. Und im Internet kommen Sie alleine mit einem Text nicht weit. Spätestens auf Twitter geraten Sie mit 140 Zeichen an alle Grenzen des geschriebenen Wortes.
Kurzum: Wer nur in Text / Foto / Film denkt, steht vor einem Problem – oder entdeckt, dass man in Twitter auch Bilder anhängen kann … Zum Beispiel eine kompakte, geniale Infografik.
Der Boom der Infografiken
Infografiken gab es schon früher. Doch in den letzten Jahren entstand eine neue Formsprache bei den Infografiken. 2011 sprach Prof. Michael Stoll von einer „Renaissance der Infografik“ und meinte damit vor allem die Wiederentdeckung der Infografiken in Zeitungen und Magazinen. (1)
Getrieben ist diese Entwicklung aber vor allem durch Instagram, Pinterest, Facebook und Twitter. Ganze Geschichten werden dort als bunte Infolandschaften platziert. Und nicht nur platziert, sondern auch besser geklickt als Lese-Texte.
Was geklickt wird, boomt und so entstanden auch viele Bilder, die schlecht recherchiert zusammengeschoben wurden. Da NPOs entweder langsame Umsetzer oder sehr gründliche Arbeiter sind, haben sich viele noch nicht an dieses Thema herangewagt.
Google bemerkte es und reagierte halbherzig
Das die Online Infografik nicht nur hin und wieder ein Eyecatcher war, belegt die Tatsache, dass Google die hochschnellenden Klickzahlen auf Infografiken bemerkte und 2013 extra ein eigenes Infografik-Modul baute. Das Google Databoard. Wie so häufig bei Google-Ideen, arbeitete Google an diesem Tool nicht wirklich weiter und dachte nur an zahlengesteuerte Statistik-Grafiken.
Wer sehen will, wie Google sich im Databoard eine NPO-Statistik vorstellte: Non-Profit Path to Donation. Diese Studie soll vor allem belegen, dass Videoanzeigen auf YouTube funktionieren und basiert auf 15 US Organisationen. Von daher für Deutschland nicht repräsentativ, aber es ist ein Indiz, wie wichtig Google das Thema nimmt.
Der Internetmarkt bemerkte es und reagierte
An anderer Stelle reagierte man nicht nur halbherzig, sondern baute ganze Software-Applikationen nur für Infografiken. Zuliefer-Plattformen, die den wachsenden Bedarf der Blogger abdecken. Inzwischen sind es so viele, dass einem schnell der Überblick verloren geht.
Die wichtigsten Plattformen haben wir Ihnen deswegen hier aufgelistet.
Und wie sieht es bei den NPOs aus?
Bisher haben viele NPOs die neue Gattung der Storygrafik noch nicht für sich entdeckt. Bei Plan fanden wir einen Post mit einer Infografik zu den Flüchtlingsströmen aus Syrien. Das ist aber nur ein Farbtupfer auf einer ansonsten unbestellten Landschaft. Selbst bei reinen „Onlinern“ wie Betterplace findet man zur Zeit die Infografik noch mehr als „Spruchgrafik“, weniger als Info-Tool.
Aber gerade auch diese ganz einfachen „Inhaltsgrafiken“ kommen gut an, wie dieses verbale Lächeln am 29. August auf dem Facebook-Kanal von betterplace.org zeigt. Es wurde 30 mal geteilt. Nicht schlecht.
Natürlich werden in NPO-Jahresberichten Tortendiagramme eingesetzt und bei Reports aller Art (wie z.B. der von Brot für die Welt über Wasserstress, März 2015), die statistischen Diagramme auch mit dem einen oder anderen Icon versehen. Aber das war es dann meist auch schon.
Dabei könnte es so schön sein, wie es der WWF mit seiner Burger-Info-Grafik zum Weltwassertag 2014 zeigte (2). Das gleiche Thema „Wasser“ ist hier nicht mit der statistischen Brille bebildert worden und funktioniert großartig.
Hier sehen Sie Burger-Wasser-Infografik des WWF als PDF
Geben Sie der Infografik eine Chance!
Unser Fazit: Zwar mag für den deutschen Geschmack die eine oder andere Infografik zu poppig oder zu flach daherkommen, doch sind Storygrafiken für das NPO Storytelling ein wirkliche Option. Und den Geschmack bestimmen ja Sie als Gestalter. Oder unsere Leser. Und die mögen das vielleicht.
- Sehen Sie sich Infografiken an.
- Machen Sie mehr daraus: Sie können Ihren eigenen Stil schaffen.
- Sie können viel häufiger Informationen visualiseren.
- Denken Sie in kleinen „Zwischendurch-Grafiken“.
- Und in zentralen strategischen Storygrafiken.
Wir sind überzeugt, dass Infografiken Ihnen helfen Zusammenhänge klarer zu machen. Sie brauchen Fotos für die Emotion. Systematiken und impact-basierte Ansätze lassen sich aber besser in Infografiken darstellen. Spätestens in Großspendermaterialien müssen Sie illustrativ arbeiten. Oder wollen Sie dort in einer Bleiwüste untergehen?
Wer sich jetzt noch mit Storytelling auskennt, macht aus Fakten Geschichten. So wird die Infografik zur Storygrafik. Das ist dann die höhere Kunst des Fundraisings.
Von daher laden wir Sie ein, einen Streifzug durch die bunte Welt der Infografiken zu machen. Einmal verstanden, haben Sie mit der Storygrafik ein etatschonendes Werkzeug in der Hand. Schnell einsetzbar, aber viel mehr als nur ein Fotoersatz. Dieses „Taschenmesser“ kann eines Ihrer strategischen Werkzeuge werden.
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(1) Michael Stoll, Professor für Informationsdesign und Medientheorie an der Hochschule Augsburg im Interview mit Claudia Füssler. Quelle: zeit.de, ZEIT Online Wissen, Daten sichtbar machen, Interview-Infografik, 12. Mai 2011.
(2) Presseerklärung des WWF zum Weltwassertag 2014, Wasserkrise verschärft sich, 21. März 2014. http://www.wwf.de/2014/maerz/wasserkrise-verschaerft-sich/