Save the Children
Lasse Künzer gab auf dem 10. Norddeutschen Fundraising-Kongress am 19. Februar 2015 den folgenden Einblick in die Spendergewinnung und -bindungs-Strategie von Save the Children Deutschland. Dieser Blogbeitrag ist eine thematische Zusammenfassung von Ehrenfried Conta Gromberg aus seinem Vortrag.
Wer ist Save the Children und Lasse Künzer?
Save the Children wurde kurz nach dem ersten Weltkrieg in England von der Lehrerin Eglantyne Jebb gegründet. Sie sammelte Geld für die Kinder die unter den Folgen des Krieges litten, besonders auch für deutsche Kinder, was nicht nur gut ankam. 1923 verfasste sie die erste Erklärung für Kinderrechte und war damit eine Vorreiterin der Kinder-Rechte. 2015 ist Save the Children in fast allen Ländern der Welt tätig und nach eigenen Angaben die größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt.
Lasse Künzer arbeitete bei Ärzte ohne Grenzen und leitet seit 2010 die Abteilung „Fundraising & Kommunikation“ bei Save the Children Deutschland.
Themen von Save the Children
• Kinderrechte
• Überleben in den ersten 5 Jahren
• Katastrophen und Krisen
• Bildung und Gesundheit
• Schutz vor Ausbeutung, Übergriffen
Fundraising von Save the Children Deutschland
2004 wurde Save the Children in Deutschland wiedergegründet. A) um zu fundraisen und B), weil Deutschland eine wichtige Rolle in der weltweiten Diskussion um Kinderrechte spielt. In Deutschland gewinnt Save the Children zur Zeit rund 15 Mio. EUR an Spenden und hat einen Stab von ca. 40 Mitarbeitern (Programme / Verwaltung / Fundraising und Kommunikation). Lasse Künzer leitet den Bereich Fundraising und Kommunikation und erläuterte, warum Save the Children im Fundraising fast ganz auf die Gewinnung von Dauerspendern setzt.
Save the Children ist damit eine Organisation, die strategisch dem Typus „Mitglieds-Gewinnung“ entspricht. Auch wenn die Dauerspender bei Save the Children anders bezeichnet werden.
Dauerspender
Save the Children erhält institutionelle Mitteln und Unternehmensspenden. In der operativen Arbeit konzentriert sich Save the Children aber zu 95 % auf die Gewinnung von Dauerspendern im Privatbereich.
Die Dauerspende hat in der Strategie von Save the Children eine globale Bedeutung. Ihr wird im Fundraising-Mix seit 2013 eine strategisch besondere Rolle zugewiesen.
Lasse Künzer wies darauf hin, dass Save the Children die strategische Entscheidung für Dauerspender getroffen hat, dies bedeutet aber nicht, dass die Dauerspende für jede Organisation der richtige Weg ist.
Was spricht für die Dauerspende?
Dauerspenden stabilisieren eine Organisation, andere Mittel sind dagegen nicht verlässlich. Fördermittel werden zugesagt oder auch nicht, Katastrophengeld kommt und es geht wieder. Dieses Geld ist nicht planbar. Dauerspenden kommen dagegen voraussehbar herein. Sie bringen:
• Bessere Planbarkeit
• Höhere Sicherheit (geringe Volatilität)
• Unabhängigkeit von institutionellen Geldgebern
• Zweckfreies Geld > größere Flexibilität
Zweckfreie Mittel
Spendenerträge, die zweckfrei einlaufen, ermöglichen es einer Organisation auch in schwierigen Kontexten zu arbeiten, die sich einem Spender nicht immer sofort vermitteln lassen. Save the Children fragt bei den Dauerspenden daher nur zweckfreie Spenden ab.
Akquise für Dauerspender
Save the Children arbeitet strategisch. Lasse Künzer hält die folgenden Kanäle für wichtig.
1. Face-to-Face
Save the Children arbeitet mit persönlicher Ansprache in Fußgängerzonen (öffentlicher Raum).
Vorteile: Direkte starke Ansprache. Die Erfolge sind schnell messbar und der Abschluss der Spende ist unmittelbar.
Nachteile bei Vergabe an externe Dienstleister: Komplex, wenige Anbieter, steht in der Kritik, relativ teuer, große Absprung-Raten.
Viele Menschen mögen Face-to-Face Ansprachen nicht. Häufig wird auf den Straßen Dubioses verkauft und die Vorgehensweise hat nicht die Qualität, die das Fundraising verdient. All diese Punkte sind für Lasse Künzer aber kein Grund, es nicht zu tun. Wenn ein Tool von anderen schlecht genutzt wird, heißt das für ihn nicht, dass das Tool als solches schlecht ist.
Save the Children will Face-to-Face und hat einen eigenen Arbeitsbereich dafür Inhouse aufgebaut. 3 Hauptamtliche im Büro steuern 66 Personen, die Face to Face arbeiten. Diese 66 sind Studenten und andere direkt von Save the Children dafür bezahlte Gesprächsführer. Das 3-stufige Gehaltsmodell ist auf der Website einzusehen. Save the Children zahlt vergleichsweise gut.
Lasse Künzer nennt den Grund für die gute Bezahlung: „Save the Children möchte tolle Leute im Fundriaisng, tolle Leute hören bei Trainigs zu, tolle Leute führen tolle Gespräche, tolle Gespräche führen zu einem tollen Ersterlebnis mit der Organisation.“
Erfolgskriterien
• Nehmen Sie F2F ernst
• Lernen Sie es lieben
• Qualitätskriterien
• Klarer Blick auf Performance (KPIs)
• Investieren Sie Zeit und Mühe in Trainings
• Eigene Teams aufbauen
Save the Children arbeitet Face to Face viel mit IKEA zusammen. Alleine 2014 gewann Save the Children 11.000 Dauerspender Face to Face. Es ist damit im Fundraising von Save the Children Deutschland ein erfolgreicher Weg, den man aber nicht schnell aufbauen kann. Door-to-Door setzt Save the Children dagegen nicht ein.
2. Direct Response TV
Der zweite Weg, über den Save the Children Deutschland Dauerspender gewinnt, ist über Direct Response TV (DRTV). Dabei werden Werbespots eingesetzt, die eine direkte Reaktion beim Hörer auslösen sollen (Griff zum Telefon oder Website).
Eingesetzt werden Spots, die unter die Haut gehen. Dafür gibt es häufig Kritik, weil mit einer relativ harten Bildsprache gearbeitet wird. Die Entscheidung fiel aber dafür. Argument: Das sind die Probleme, wir wollen sie zeigen, das ist Realität. Direct Response TV funktioniert bei Save the Children weltweit sehr gut. Ist aber komplex und benötigt Produktion, Schaltung, Call Center und Messung.
3. Online-Lead-Gewinnung
Neben Face to Face und DRTV setzt Save the Children Deutschland auch noch auf Online-Fundraising, nicht aber in dem Ausmaß, wie die vorher genannten Wege. Tendenz aber steigend.
Vorteile: eAbschlüsse nehmen zu, hohe Durchschnittsspenden, treuer Spender
Nachteile: Oft eher geringe Anzahl von Neuspendern im Vergleich zu F2F und DRTV.
Voraussetzungen für Online Fundraising
• Traffic auf der Website
• Formulare, die Dauerspenden erlauben
• Conversion Fokus (Fundraising auf Website)
• Guter Online-Marketing-Kanäle-Einsatz
Der Weg im aktiven Online-Marketing ist dabei ein mehrstufiger: Im Lead wird eine Adresse gewonnen, mit einem datenschutzrechtlich sauberen Opt-in, damit dieser Interessent angerufen werden kann. Ob sich eine Leadgewinnung rentiert, hängt von der Conversation ab. Save the Children gewinnt derzeit nur im Umfeld von Katastrophen Leads. Bei den Telefonaten mit so gewonnenen Interessenten nutzt Save the Children noch Dienstleister. Auf Dauer träumt Lasse Künzer aber davon, auch dies selbst Inhouse machen zu können.
Fazit
Für Lasse Künzer ist das Ziel und die Verantwortung des Fundraisers bei allen Akquise-Maßnahmen: Es für alle Beteiligten angenehm machen. Er steht zu Dauerspendenprogrammen, auch wenn diese in der Anfangszeit teuer sind.
Für eine Organisation, die beginnt, kann der Break Even in der Regel nicht nach 12 Monaten erreicht werden. Oft ist der Break Even erst nach 14, 16, 18 Monaten möglich. Save the Children investiert in Dauerspender, weil sie auf Lange Sicht die Unabhängigkeit der Organisation sichern und Save the Children liegt in den Grenzen des DZIs, da sie in anderen Bereichen (z.B. Drittmittel) bessere ROIs erzielen.
Damit die Rechnung aufgeht und für Spender und die Organisation ein gutes Miteinander entsteht, hält er die folgenden Dinge für entscheidend:
• Die Kommunikation in den ersten Stunden und Tagen muss mit dem Spender gut sein.
• Die Organisation sollte eine Donor-Journey für das erste Jahr erarbeiten. Die Journey muss zum Kanal passen, über die der Spender gewonnen wurde.
• Die Organisation sollte performance-orientiert arbeiten und die KPIs (Key Performance Indicators) bestimmen.
Gewinnt eine Organisation Dauerspender auf eine authentische und ehrliche Weise und bleibt der Spender die ersten 24 Stunden und dann im zweiten Schritt die ersten 12 Monate, bleiben Dauerspender einer Organisation lange treu und sind das tragende Fundament einer wachsenden Organisation.